Was bedeutet das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) für kleine Unternehmen?

Lesezeit: 7 Minuten
Containerschiff

Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz, kurz LkSG, klingt erstmal einschüchternd — auch für uns. Dennoch haben wir bemerkt, wie gefragt es ist, haben uns durch den Gesetzesentwurf durchgelesen, und wollen Dir hier einfach verständlich erklären,

  • warum es begründet ist, ein Sorgfaltspflichtengesetz einzuführen,
  • welchen Anwendungsbereich es abdeckt,
  • ab wann es in Kraft tritt,
  • was es für kleine Unternehmen bedeutet,
  • warum Du auch ohne das Gesetz Sorgfalt in Deinen Lieferketten zeigen solltest, und
  • was Du tun kannst, um im Einklang mit Menschenrechten und Umweltschutz zu handeln.

Was bringt eine Sorgfaltspflicht?

Ein Recht auf Leben, Freiheit, Gesundheit, Bildung und viele mehr: Die Menschenrechte wurden als grundlegendste Rechte für alle Menschen gleichermaßen festgestellt.

Dennoch gibt es in verschiedenen Teilen der Welt Regionen, in denen diese grundlegenden Rechte verletzt werden und die Natur derart belastet und ausgebeutet wird, dass sie für Pflanzen, Tiere und Menschen unbewohnbar wird.

All das geschieht, oftmals im Verborgenen, da Lieferketten so komplex werden können, dass wir oft gar nicht nachvollziehen können, woher etwa unsere Kleidung genau stammt.

In unserem Beitrag zu Greenwashing-Fallen haben wir bereits beschrieben, wie Unternehmen ihre Produkte mithilfe von Siegeln und ungeschützten Begriffen besser aussehen lassen können, als sie es sind. Viele Unternehmen greifen hier auf Siegel zurück, die sie selbst ins Leben gerufen haben oder kaufen sie ein.

So wollen Unternehmen das Gefühl von Nachhaltigkeit und Verantwortungsbewusstsein vermitteln, während ihre Handlungen gegenteiliges verraten. Das Problem hierbei ist, dass Greenwashing soweit legal ist, wie es keine Falschangaben liefert.

Kurz gesagt: Wer nicht sorgfältig nachsieht, woher die angebotenen Produkte stammen und welche Auswirkungen die Produktion hatte, kann nicht zur Haftung gezogen werden.

Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz soll das jetzt ändern und dafür sorgen, dass Unternehmen ihren Lieferanten auf die Finger schauen.

Was sagt das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz aus?

Grundlegend sollen Unternehmen in die Verantwortung gezogen werden, ihre Lieferketten dahingehend zu beobachten, ob der Schutz von Menschen und Umwelt ausreichend eingehalten werden.

Menschenrechte, die direkt angesprochen werden, sind:

  • Kinderarbeit
  • Zwangsarbeit
  • Sklaverei
  • Sicherheit in der Person, insbesondere am Arbeitsplatz
  • Diskriminierung
  • Recht auf angemessenen Lohn

Zum Umweltschutz adressiert es insbesondere:

  • Die Verschmutzung von Boden, Gewässern und Luft
  • Einen schädlichen Lärmpegel
  • Verwendung, Lagerung, Transport und Entsorgung von besonders schädlichen Chemikalien.

Was fordert das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz von Unternehmen?

Um zu garantieren, dass in den Lieferketten von Unternehmen keine Verletzungen gegen die Menschenrechte und den Umweltschutz vorkommen, werden Unternehmen in die Verantwortung gezogen. Hier eine Checkliste, was das Gesetz von Unternehmen fordert:

Eine zuständige Person oder Personen sollen mit der Einhaltung und Achtung des Gesetzes beauftragt werden, das könnte zum Beispiel eine Menschenrechtsbeauftragte sein. Die verantwortliche Person muss außerdem regelmäßig, das heißt mindestens ein Mal im Jahr, die Geschäftsleitung über den Stand der Dinge informieren, aber auch, wenn erkannt wird, dass in einer Lieferkette ein Problem besteht.

Ein Risikomanagement mit Risikoanalysen, mit dem alle maßgeblichen Geschäftsabläufe abgedeckt und beobachtet werden. Das Ziel des Risikomanagements soll es sein, Verletzungen gegen Menschenrechte und den Umweltschutz gar nicht erst aufkommen zu lassen. Sollten solche Verletzungen aber trotzdem erkannt werden, sollen sie beendet oder im Handlungsrahmen des Unternehmens minimiert werden.

Ein internes Beschwerdeverfahren, durch das Beschäftigte im Unternehmen Bedenken äußern können. Auf solche Bedenken sollte von den zuständigen Personen möglichst schnell eingegangen werden, um reagieren zu können, wenn ein Problem erkannt wird.

Eine Dokumentation und Berichtsführung, durch die andere Menschen öffentlichen und kostenlosen Zugang zu den Berichten hat, die Dein Unternehmen über die Sorgfaltspflicht verfasst. Diese Berichte müssen mindestens innerhalb von vier Monaten nach Abschluss Deines Geschäftsjahres verfasst und von da an sieben Jahre lang zugänglich sein.

Welche Konsequenzen musst Du befürchten, wenn Du Dich nicht an das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz hältst?

Zwangsgelder

Solltest Du keine Anstände machen, die Pflichten im Sorgfaltspflichtengesetz umzusetzen, wird vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle ein Zwangsgeld bis zu einer Höhe von 50.000€ erhoben.

Das Zwangsgeld ist aber als letzter nach einigen, weniger dramatischen, Schritten vorgesehen, also wirst Du nicht aus heiterem Himmel einen Zwangsgeldbescheid erhalten.

Bußgelder

Bei Verstößen gegen die Pflichten für Unternehmen, also zum Beispiel eine Einführung eines Risikomanagements oder der Dokumentation und Berichtsführung, können Bußgelder in verschiedenen Höhen anfallen.

Je nach Art des Verstoßes musst Du dann bis zu 800.000€ zahlen — so ein Betrag kann schon ordentlich weh tun, besonders, wenn mehrere Verstöße aufgedeckt und zur Klage gebracht werden.

Ab wann gilt das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz?

Je größer Dein Unternehmen ist, desto länger braucht es natürlich in der Regel, Dich auf neue Gegebenheiten anzupassen. Eine so grundlegende Änderung der Sorgsamkeit in den Lieferketten lässt sich für kaum ein Unternehmen binnen weniger Wochen oder Monate umsetzen.

Um darauf einzugehen, hat der Bundestag unter der Bundesregierung von Angela Merkel das Gesetz so verabschiedet, dass das Datum des Inkrafttretens auf den 01.01.2023 gelegt wurde.

Übrigens: Mit dem Gesetz reagiert Deutschland auf den Leitfaden der Europäischen Union der “due diligence”, der fälligen Sorgfalt. Schneller waren allerdings Frankreich, wo seit 2017 ein Sorgfaltsgesetz greift, und die Niederlande, in der 2019 ein Sorgfaltsgesetz hinsichtlich Kinderarbeit verabschiedet wurde.

Für wen gilt das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz?

Das Ziel des Gesetzesentwurfes war es von Anfang an, mittelständische Unternehmen nicht unter das Gesetz fallen zu lassen, sondern nur große Unternehmen und Konzerne mit großen Niederlassungen in Deutschland einzubeziehen.

Damit gilt das Gesetz ab Anfang 2023 nur für Unternehmen mit einer Unternehmensgröße von mehr als 3.000 MitarbeiterInnen in Deutschland, jedoch wird diese Zahl bis 2024 auf 1.000 MitarbeiterInnen verschärft.

Das Lieferkettengesetz gilt also nicht für kleine Unternehmen und den Mittelstand, sondern erst für die aller größten Unternehmen, dadurch ist nur knapp ein Prozent aller deutschen Unternehmen betroffen.

Dennoch gilt: Kleine Unternehmen bleiben nicht ganz unberührt, da sie oft von Großunternehmen einkaufen oder mit ihnen in Verbindung stehen und dadurch Preise und Angebote (zumindest zeitweise) Änderungen erleben können.

Warum Du in jedem Fall auf Fairness und Umweltschutz achten solltest

Nachhaltigkeit im Unternehmen ist kein “nice-to-have”, sondern eine Grundanforderung, um weiter auf diesem Planeten zu leben. Wenn unser Handeln die Umwelt in einem Ausmaß beeinträchtigt, dass sie sich nicht mehr davon erholen kann, sollten wir vielleicht noch einmal überdenken, ob die Jeans für zwanzig Euro wirklich ihren Preis wert ist.

Du warst sicherlich schon einmal an einem Strand oder in einem Wald und hast Dir gedacht: “Wie schön kann die Welt doch sein.” Wir haben aber auch die andere Seite gesehen: Strände und Gewässer voller Plastik, Tiere in Überresten von Fischernetzen mit Plastik im Bauch, und vieles mehr.

Damit nicht nur Du, sondern auch die Generationen nach Dir mehr vom Ersten haben können und weniger vom Letzteren erleben müssen, kannst Du mit Unternehmen zusammen arbeiten, die aktiv etwas gegen die Belastung der Natur machen.

Wir wissen auch, wie leicht es als selbstverständlich zu nehmen ist, ein Dach über dem Kopf zu haben, und frei in der eigenen Meinung, Entscheidung und Handlung zu sein. Vielen Menschen geht das aber nicht so. Sie müssen unter Bedingungen arbeiten, unter denen ihre Körper zerstört werden und werden dafür auf keine Weise entlohnt.

Auch, wenn diese Situationen weit weg von Dir sein mögen, kannst Du etwas selbst in die Hand nehmen und Dich damit auseinander setzen, von welchen Unternehmen Du Deine Produkte kaufst, wo Du sie verarbeiten lässt und unter welchen Bedingungen das geschieht. Schau Dir an, was für Möglichkeiten Du hast und wähle die, die am fairsten ist.

Was kannst Du jetzt tun?

Gerade als kleines Unternehmen oder Startup lassen sich Veränderungen schnell in die Wege leiten, die Großes bewirken. Du stellst dein Produkt unter super Umständen her? Signalisiere das Deinen KundInnen und InteressentInnen. Du führst ein Restaurant und beziehst dein Gemüse saisonal und von Landwirtschaftsbetrieben aus der Umgebung? Mach das zu einem Teil Deiner Identität.

Natürlich sind diese Entscheidungen damit verbunden, einen höheren Preis von Deinen Kund*Innen ansetzen zu müssen. Wir kennen das Knausern von unseren Eltern und Großeltern, das Günstigste zu kaufen, weil nicht viel Geld da ist. Die Lage hat sich aber maßgeblich zum positiven geändert:

Viel mehr Menschen achten beim Kauf ihrer Produkte, woher sie stammen, unter welchen Bedingungen sie hergestellt wurden und informieren sich, was es für nachhaltige Alternativen geben könnte. Dann werden sie verstehen, warum Deine Jeans etwas teurer als die von H&M ist oder dein Burger mehr als der von McDonald’s kostet.

Wir hoffen, dass wir Dir helfen und die wichtigsten Fragen zum Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz beantworten konnten. Zufrieden mit dem Artikel? Schau Dich doch um, wir haben mehr Beiträge, die für Dich relevant sein könnten. Dir fehlt etwas oder würdest Dich freuen, wenn wir einen Punkt ausführlicher erklären? Schreib uns einen Kommentar oder eine Mail. Wir gehen gerne auf Deine Fragen und Anregungen ein!

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